Als repräsentative Haushaltsbefragung liefert der Mikrozensus seit über 60 Jahren Daten zur Bevölkerungsstruktur sowie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Bevölkerung. Dazu werden jährlich ein Prozent der Bevölkerung zu Themen wie Familie, Lebenspartnerschaft, Lebenssituation, Beruf und Ausbildung befragt. Die bewährte Konzeption des Mikrozensus als Mehrthemenbefragung wurde zur Erfüllung höherer Anforderungen an die Datenqualität stetig weiterentwickelt. So sind bereits seit 1968 die EU-weit gestellten Fragen zur Arbeitsmarktbeteiligung (Arbeitskräfteerhebung, Labour Force Survey, LFS) in den Mikrozensus integriert.

Steigende nationale sowie europäische Anforderungen an die Genauigkeit, Aktualität und Vergleichbarkeit der Daten sind mit einer stärkeren Belastung für die Bevölkerung sowie die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder verbunden. Daher werden bestehende Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Befragungen genutzt, um die höheren Anforderungen zu erfüllen und zugleich die Mehrbelastungen zu begrenzen. Dies geschieht in einem integrierten Mikrozensus.

Der Weg zum integrierten Mikrozensus

Die Basis des neuen, integrierten Mikrozensus bildet das Mikrozensusgesetz (MZG) vom Dezember 2016. Um die Belastung der Bevölkerung trotz steigender Anforderungen an die Daten zu reduzieren, sieht das MZG einige Änderungen vor. Die bisher separat durchgeführten Befragungen zu Einkommen und Lebensbedingungen1 und zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien werden in den Mikrozensus integriert, um den nationalen und europäischen Anforderungen gerecht zu werden. Es werden zum Beispiel Ergebnisse unterhalb der Bundesländer-Ebene zu den Themen Einkommen und Lebensbedingungen benötigt. Zugleich soll eine verbesserte unterjährige Berichterstattung für EU-weit vereinheitlichte Daten zur Arbeitsmarktbeteiligung erfolgen. Die höheren Anforderungen lassen sich nur mit einer Erhöhung des Stichprobenumfangs sowie Wiederholungsbefragungen auch innerhalb eines Kalenderjahres erreichen.

1) Bisher wurde die Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC) in Deutschland unter der Bezeichnung LEBEN IN EUROPA geführt.

Grundkonzept des integrierten Mikrozensus

Die Leitidee des Mikrozensus ab 2020 besteht darin, die bisher separat durchgeführten Befragungen als eine Erhebung zu denken. Daraus folgt eine amtliche Haushaltsstatistik, in der die Befragung zur Arbeitsmarktbeteiligung, zu Einkommen und Lebensbedingungen sowie zu Informations- und Kommunikationstechnologien einzelne Unterstichproben der einprozentigen Mikrozensus-Stichprobe bilden.

Da sich die verschiedenen Befragungen inhaltlich überschneiden, ermöglicht die Integration der Erhebungen, die jeweiligen Fragenprogramme zusammenzufassen. Die Mikrozensus-Befragung besteht daher künftig aus einem verkürzten Kernfrageprogramm und weiteren Erhebungsteilen. Das Kernprogramm und die verschiedenen Erhebungsteile werden nicht modular hintereinander erhoben, sondern das resultierende Frageprogramm verzahnt die Inhalte thematisch.

Die Fragen des Kernprogramms werden allen zufällig ausgewählten Haushalten gestellt. Die Fragen der weiteren Erhebungsteile werden nur einem Teil aller Mikrozensus-Haushalte – den sogenannten Unterstichproben – gestellt. Jeder Haushalt ist höchstens in einer der Unterstichproben zu finden. Aufgrund der gestiegenen Bedeutung von verlässlichen Daten zur sozialen Teilhabe wird dabei das Grundprinzip der Auskunftspflicht auf wesentliche Teile der neu integrierten Erhebungsinhalte übertragen.

Alle Haushalte werden weiterhin bis zu viermal beim Mikrozensus befragt. Für Haushalte der Unterstichprobe zur Arbeitsmarktbeteiligung findet die Befragung nicht einmal, sondern zweimal innerhalb eines Kalenderjahres statt (unterjährige Wiederholungsbefragung). Dadurch können künftig saisonale Schwankungen besser als bisher erfasst werden. Um die Belastung der Befragten gering zu halten, konzentriert sich die unterjährige Wiederholungsbefragung auf die Merkmale, die für Veränderungsmessungen auf dem Arbeitsmarkt maßgebend sind. Ergänzende Strukturmerkmale werden nur bei jeder zweiten Befragung und somit weiterhin nur einmal im Jahr erhoben.

Neue Themenfelder im Mikrozensus

Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der EU2020-Strategie verpflichtet, der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung einen besonderen Stellenwert zuzuschreiben. Daher ist die Erkenntnis über Armutsgefährdung von großer Bedeutung. Durch die Einbindung der Befragung zu Einkommen und Lebensbedingungen in den Mikrozensus wird der Fokus auf Einkommensverteilung, Armut, soziale Ausgrenzung und Lebensbedingungen (Wohnen, Zugang zu Dienstleistungen, Lebensqualität) gelenkt. Weitere neue Schwerpunkte im Mikrozensus resultieren aus der Aufnahme von Fragen zur Kinderbetreuung sowie zum Internetzugang und der Internetnutzung in das Kernprogramm.

Zudem wurden die Inhalte des nationalen Zusatzprogramms „Wohnen“ durch das MZG erweitert. In 2018 wurden erstmals Angaben zur Barrierereduktion erhoben. Zu diesem Zusatzprogramm wird aufgrund seiner Bedeutung für wohnungspolitische Entscheidungen und des Bedarfs an detaillierten Ergebnissen alle vier Jahre die gesamte Ein-Prozent-Stichprobe befragt.

Eine weitere Veränderung ist seit Einführung des neuen MZG die Erfassung des erweiterten Migrationshintergrundes, das heißt, ob mindestens ein Elternteil über einen Migrationshintergrund verfügt oder nicht. Bis einschließlich 2016 lagen entsprechende Informationen nur alle vier Jahre vor oder wenn die Eltern im gleichen Haushalt lebten.

Neue Wege der Datengewinnung

Die Einführung neuer Befragungsinstrumente und ein Multi-Mode-Design erleichtern den Befragten die Teilnahme. So wird es ab 2020 erstmals möglich sein, den Mikrozensus online zu beantworten. Alternativ stehen den Befragten weiterhin das persönliche und telefonische Interview sowie der Papierfragebogen zur Verfügung. Die einzelnen Haushaltsmitglieder können ihre Antworten sowohl auf dem gleichen als auch auf unterschiedlichen Wegen (persönlich, telefonisch, online, schriftlich-postalisch) übermitteln.

Fazit und Ausblick

Die weiterentwickelte Erhebung des Mikrozensus und die Einführung zusätzlicher Erhebungsmodi ermöglichen zeitgemäße Haushaltsstatistiken und berücksichtigen Aspekte der Datenqualität sowie der Effizienz. Zudem vermeidet die Integration der Erhebungen in den Mikrozensus parallele Erhebungen zu teilweise ähnlichen Themen. Dies reduziert Unstimmigkeiten und Redundanzen in den Daten sowie mehrfache Aufwände und Mehrkosten.

Weitere Informationen zum Mikrozensus 2020

Ausführliche Informationen zu den Änderungen beim Mikrozensus beschreibt der Aufsatz „Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020 (Externer Link) “, erschienen im Wirtschaftsmagazin „WISTA - Wirtschaft und Statistik“, 6/2019.